Annemarie Schwarzenbach wurde am 23. Mai 1908 in Zürich geboren.

Sie überwarf sich früh mit ihren konservativ-national eingestellten Eltern. Nach ihrem Geschichtsstudium in Zürich und Paris promovierte sie mit 23 Jahren sie zur Dr. phil., und gleichzeitig hatte sie ihr literarisches Debüt. Sie wandte sich nach abgeschlossenem Studium dem Reisejournalismus zu. Ihr Schaffen und Reisen war beeinträchtigt von seelischen Krisen und immer wieder von ihrer Morphiumabhängigkeit. Sie versuchte durch Klinik-Aufenthalte, von der Sucht loszukommen, fatal verbunden mit einer (einseitigen?) Liebesbeziehung zu ihrer Ärztin.

„Bevor ich mit fünfzehn zufällig auf ein Buch von Annemarie Schwarzenbach gestoßen bin, wusste ich nicht, dass die Schwester meines Großvaters Schriftstellerin war. Sie sei früh an den Folgen eines Fahrradunfalls gestorben, hieß es nur. Ich hatte keine Ahnung, dass sie 1939 in einem Ford Cabriolet von Genf bis nach Kabul gefahren war. Und dass sie lesbisch, drogensüchtig und, sehr zum Leidwesen ihrer hitlerbegeisterten Mutter, Antifaschistin gewesen ist, wusste ich damals erst recht nicht.“
(Alexis Schwarzenbach)  

Annemarie Schwarzenbach veröffentlichte mehrere Romane und zahlreiche Reisereportagen. In weniger als zehn Jahren veröffentlichte sie fast dreihundert Reportagen aus vier Kontinenten.

Schon 1933 begab sich Annemarie Schwarzenbach zusammen mit der Fotografin Marianne Breslauer auf eine erste journalistische Reise, die sie nach Spanien führte. Im gleichen Jahr reiste die nach Persien und bald darauf nach Moskau, wo sie mit Klaus Mann an einem antifaschistischen Kongress teilnahm.

„Reisen ist Aufbrechen ohne Ziel, nur mit flüchtigem Blick umfängt man ein Dorf und ein Tal, und was man am meisten liebt, liebt man schon mit dem Schmerz des Abschieds.“
(Annemarie Schwarzenbach, 1936)

In ihrem Berliner Leben zwischen 1931 und 1933 war Annemarie Schwarzenbach Stammgast in Lesbenkneipen und Transvestitenklubs. Ihre androgyne Schönheit zog Männer wie Frauen an.

Sie begeisterte Menschen. Die Schriftstellerin Ruth Landshoff-Yorck, die jahrelang eng mit Annemarie befreundet war, schrieb über sie:

„Alle Leute waren sofort von ihr entzückt, obwohl sie keineswegs brillant war und manchmal überhaupt nicht den Mund aufmachte … Ihre Schönheit war … engelhaft … Über Annemarie sagten die Leute: ‚Wir hoffen, es geht Annemarie gut. Wir hoffen, sie ist glücklich.'“
(zitiert nach Ines Rieder,  1994) 

Glück war Annemarie aber selten vergönnt. Sie pflegte fast schon besessene Leidenschaften für unerreichbare Frauen, trank viel musste wegen ihres vielfältigen Drogen- und Alkoholmissbrauchs mehrere Entziehungskuren durchmachen.

AnnemarieSchwarzenbach_wikipediaVon 1933 an war sie leidenschaftlich, fast schon besessen, in Erika Mann verliebt, die jedoch – ihrerseits in einer Langzeitbeziehung mit der Schauspielerin Therese Giehse – die Leidenschaft nicht erwiderte. Später erlitt sie das entgegengesetzte Schicksal – die US- amerikanische Schriftstellerin Carson McCullers war in sie verliebt, was Annemarie erneut in eine Krise stürzte.

Carson McCullers widmete ihr später den Roman „Spiegelbild im goldenen Auge“.

Die Fotografin Marianne Breslauer, die Annemarie Schwarzenbach über Jahre fotografiert hat, schrieb in ihren Memoiren:

„Es ist mir noch lebhaft gegenwärtig, wie mich bei ihrem ersten Anblick schier der Schlag traf. Denn Annemarie war das schönste Wesen, dem ich je begegnet bin. Ich habe später auch Greta Garbo kennengelernt, deren Gesichtszüge vielleicht noch makelloser wirkten, aber Annemarie war ein Mensch, von dem man zunächst wirklich nicht wusste, ob sie Mann oder Frau war; wie der Erzengel Gabriel vor dem Paradiese stehend erschien sie mir.“

In ihrem späteren Leben  folgten weitere psychische Krisen, Gewaltexzesse, ein weiterer Selbstmordversuch.

Annemarie Schwarzenbach starb am 15. November 1942 in Sihls an den Folgen eines Fahrradunfalls.

Obwohl in allen Schweizer Zeitungen Nachrufe erschienen, geriet sie rasch in Vergessenheit. In krasser Missachtung des Testaments vernichtete die Mutter Tagebücher und Briefe. Außerdem hielt sie Freundinnen wie Ella Maillart dazu an, den Namen Annemaries in ihren Erinnerungen hinter Pseudonymen zu verbergen. Der literarische und fotografische Nachlass indes ging unversehrt in den Besitz einer Freundin über, die ihn 1980 der Schweizerischen Landesbibliothek in Bern schenkte.

Eine Ausstellung „Annemarie Schwarzenbach. Eine Frau zu sehen“  war 2008 in Zürich, Berlin und München zu sehen. Ihr Nachlass befindet sich im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.

Links und Quellen:

  • Alexis Schwarzenbach: Auf derSchwelle des Fremden. Das Leben der Annemarie Schwarzenbach, München: Collection Rolf Heyne, 2008
  • Bild: Annemarie Schwarzenbach (self portrait)Strange Flowers (WordPress) & Self portraits of the worldSelf-portrait photograph by Annemarie Schwarzenbach (1908-1942) using a Rolleiflex Standard 621 camera.
  • Carson McCullers: Spiegelbild im Goldenen Auge, Diogenes 2002
  • Rebellin, Schriftstellerin, Reisefotografin – WDR-Beitrag vom 30. März 2008
  • Hendrik Werner: Untröstlicher Engel, verwüstete Seele, Welt online 17. März 2008
  • Nina Gülcher: Annemarie Schwarzenbach neu gelesen, querelles-net 2006
  • Martin Uebelhart, Beitrag auf salecina.ch
  • Annemarie Schwarzenbach Biografie auf fembio.org
  • Ines Rieder: Wer mit Wem? Hundert Jahre lesbische Liebe. Berühmte Frauen, ihre Freundinnen, Liebhaberinnen und Lebensgefährtinnen, Wien: Wiener Frauenverlag, 1994