Eine neue Eiszeit begräbt die Welt vom Mittelmeer nordwärts unter einer dichte Eisdecke. Schriftsprache und Technologie existieren nicht mehr, die verbliebene Menschheit lebt in Afrika, in Ifrik, und organisiert sich in Stämmen. Die Kinder Mara und Dann werden aus ihrer Heimat entführt und finden widerwilligen Unterschlupf bei einem Stamm, in dem sie, als Fremde, nicht willkommen sind. In Ifrik herrscht Dürre. Immer mehr Menschen ziehen auf der Suche nach Wasser und Nahrung in den Norden. Auch Mara und Dann gelingt im letzten Moment die Flucht. Der Norden, das mystische Paradies, lockt sie ebenso wie Hunderte Andere, und nur durch diese Verheißung überleben sie den jahrelangen Treck.
Je weiter die Geschwister nach Norden vordringen, desto deutlicher wird, dass sie in einer Mission unterwegs sind, über die sie selber nichts wissen. Im Gegensatz zu Dann, der abenteuerlustig, wild und verschlagen wird, beginnt Mara, über ihr Leben und über die Zukunft der Menschheit nachzudenken. Immer wieder holt sie Dann auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn er sich eigentlich schon aufgegeben hat. Bei aller Faszination für jede neue Gesellschaftsform gelingt es ihr, die Vision nie aus den Augen zu verlieren, und sie weiß immer, dass sie weiterreisen muss, um ihr Ziel zu erreichen – wie auch immer dies aussehen mag.
Doris Lessing hat wohl noch nie ein Buch geschrieben, in dem es nicht in Wirklichkeit um Gut und Böse ging, insbesondere aber um das Leben im Dazwischen. Wie in Lessings Romanzyklus Canopus in Argos bewegen sich die Menschen zwischen der Versuchung, sich den Verlockungen der Gegenwart zu ergeben und dem Streben nach dem Besseren. Kaum eine kann diesen alten Konflikt so fesselnd in Charaktere umsetzen, dass man –Philosophie hin oder her – immer wieder wissen will: Wie geht Mara damit um? Was macht Dann daraus? Wie retten sich die beiden aus dieser oder jener Lage? Wie wird ihre Entscheidung ihr Leben verändern?
Doris Lessing: Mara und Dann; Verlag Hoffmann und Campe, gebunden mit Schutzumschlag, 475 Seiten