Die Töchter Egalias ist der einzige utopische Roman der Norwegerin Gert Brantenberg. 1977 erschienen, passte er perfekt in eine polarisierte, aufgebrachte, nach neuer Identität suchende FrauenLesbenBewegung.

Im verkehrte-Welt-Staat Egalia ist alles genau umgekehrt. Die Frauen sind Direktorinnen, Ingenieurinnen, Politikerinnen, Familienmatriarchinnen, Entscheiderinnen und die Männer … wollen ihnen gefallen und, um in der sozialen Hierarchie aufzusteigen, eine möglichst mächtige Frau heiraten.

Sie setzen sich für dieses Ziel allerlei Unanehmlichkeiten aus, an prominenter, wenn auch nicht allerwichtigster Stelle dem Tragen von PHs, Penishaltern, ohne die ein Mann einfach unangenehm auffällt.

Petronius Bram ist der jugendliche Held in Brantenbergs Roman. Er lebt mit seiner Mutter Rut, Direktorin, Vater Kristoffer, Hausmann und der jüngeren Schwester Ba in einem Haushalt. Petronius mag sich nicht damit abfinden, dass er zu einem von Natur aus unterlegenen Geschlecht gehört. Er begehrt auf – langsam zuerst, dann, gegen alle Widerstände, mit Energie. Er schließt sich den Maskulinisten an. Spektakuläre erste Aktionen wie PH-Verbrennungen führen zu ambivalentem Medienecho, da den Männern oft unterstellt wird, sie seien frustriert und voll Frauenhass. (Sehr spannend in diesem Zusammenhang sind die zeitgenössischen Rezensionen, s.u.: Bornemann 1980 im SPIEGEL).

Petronius‘ erste große Liebe, Gro, spielt eine ambivalente Rolle:

Obwohl sie eine moderne Frau mit fortschrittlichen Gedanken ist und Petronius in seinen Emanzipationsversuchen unterstützt, erwartet sie von ihm die traditionelle Rolle in Partnerschaft und Familie. Nach einem heftigen Streit, in dem Gro auch gewalttätig wird, verlässt Petronius sie.

Gert Brantenberg war recht konsequent bei der Schaffung von Egalia: Sprache und Grammatik orientieren sich an der weiblichen Form. So wird aus „der Mensch“ „die Wibsche“ , man = dam , Fräulein = Herrlein. Konsequent wird alles in der weiblichen Form bezeichnet. Die Zeitrechnung Egalias beruht auf der Geburt der Propehtin und Allmutter Donna Klara. Religion und Glaube sind ausgerichtet auf die Gottheit Luzia.

Egalia hat sogar eine eigene Frühgeschichte bekommen, mitsamt matriarchal dominierter Geschichtsklitterei, in der Männer nicht vorkommen:

„Der Menstruationszyklus der Frauen war genau das, was das Wibschengeschlecht mit dem Leben verband und zu dem großen Kreislauf der Natur und den Mondphasen in Beziehung setze. … Deshalb hatten Frauen größere Kontrolle über alles: den eigenen Körper, den Ackerbau, die Welt. … Männer liefen einfach in Horden umher, strichen sich über ihren Penis und versuchten, ihn in eine Frau zu stecken, wenn sie es ihm gerade einmal erlaubte.“

Gert Brantenberg: Die Töchter Egalias, erschienen 1979 bei Olle & Wolter, Berlin. Neuauflage 2001, Frauenoffensive.

Original: Egalias dotre, erschienen in Norwegen 1977

Links:

Ute Günther: Technik und Gender in feministischen SF / Utopien. Gert Brantenberg: Die Töchter Egalias,  http://interactivescript.org/ias/fem-sf/www/

Ernest Bornemann: Borneman über Gerd Brantenberg: „Die Töchter Egalias“, DER SPIEGEL 35/1980 vom 25.08.1980, Seite 157